Neuropsychologische und psychologische Therapie

Bei langer Dauer der Parkinson-Erkrankung kann es zu Einschränkungen der Hirnleistungen kommen. Die Bezeichnung "Bradyphrenie" bezeichnet eine "allgemeine Verlangsamung aller psychischen Vorgänge" (siehe weiter oben unter Symptome). Patient:innen, deren Hirnleistungsfähigkeit durch die Erkrankung beeinträchtigt ist, zeigen ein verlangsamtes Auffassungsvermögen, Vergesslichkeit, Umständlichkeit und Zerstreutheit.
Besonders schwer fallen alle Tätigkeiten oder Situationen, die neu oder ungewohnt sind. Bei stark fortgeschrittener Verminderung der Hirnleistung kommt es auch zu Gedächtnisstörungen, Patien:innen finden sich dann zunehmend weniger im Alltag zurecht. Im Extremfall kann das zu Verwirrtheitszuständen führen, bei denen Betroffene in Gefahr geraten, sich selbst durch unbedachtes Handeln zu verletzen (z. B. durch Stürze, Verbrennungen usw.). Begünstigt werden solche Zustände durch verminderte Flüssigkeitszufuhr, unregelmäßige oder falsche Tabletteneinnahme oder begleitende Infektionskrankheiten.
Immer wieder zu erwähnen ist die Wichtigkeit von sozialen Aktivitäten (insbesondere bei Motivationsmangel und depressiven Zuständen). Kontakte zu Familienangehörigen, Nachbarn, Selbsthilfegruppen oder andere Kontaktmöglichkeiten (z. B. Kirchengemeinde, Seniorenclub) können hierbei hilfreich sein. Bei verminderter Leistung des Gehirns ist es wichtig, den Tagesablauf einfach und klar strukturiert vorzugeben. Gemeinsam mit dem/der Patient:in sollte der Tagesablauf besprochen und evtl. aufgeschrieben werden.
Bei schwerer Orientierungsstörung sollte man es vermeiden, Uhrzeiten zu nennen. Hinweise wie "das war vor einer halben Stunde" sind oft nutzlos, da den Patient:innen das Zeitgefühl häufig fehlt. Im Gespräch und bei der Pflege sollte der/die Patient:in möglichst aktiv sein, wichtig ist es jedoch, Misserfolge für die betroffene Person zu vermeiden. Stattdessen sollte nach Möglichkeiten gesucht werden, Erfolgserlebnisse zu verschaffen, z. B. beim selbständigen Verrichten einfacher Tätigkeiten oder durch leicht zu beantwortende Fragen.
Ähnlich wie andere motorische Leistungen kann auch das Sprechen bei der Parkinson-Krankheit betroffen sein. Sehr häufig wird die Stimme leiser und monotoner, als dies vor Krankheitsbeginn der Fall war, wobei Sprechstörungen nicht durch Parkinson-Medikamente gebessert werden. Vor allem bei längerem Krankheitsverlauf verschlechtert sich das Sprechen gelegentlich so stark, dass das Verstehen erschwert wird. Typische Veränderungen sind dann neben der Verminderung von Lautstärke und Ausdruck ein erhöhtes Sprechtempo, bei dem die Pausen und Übergänge zwischen einzelnen Worten undeutlich und verwaschen sind.
Andere Faktoren, die das Sprechen beeinträchtigen können, sind vermehrter Speichelfluss. Ein Tremor oder medikamentös hervorgerufene Überbewegungen z.B. von Kiefer oder Zunge können ebenfalls zu Veränderungen des Sprechens führen.
Störungen des Schluckens treten meist unbemerkt auch in frühen Krankheitsstadien auf. In späten Krankheitsstadien kann es durch Aspiration von Nahrung in die Luftröhre zu Lungenentzündungen kommen. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden! Noch immer ist die Aspirationspneumonie die Todesursache Nr.1 bei Parkinson-Betroffenen.
Einige nicht zu übersehende Zeichen für eine Schluckstörung sind:
- Vermehrter Speichelfluss aus dem Mund
- Nahrung verbleibt sehr lange im Mund, bis sie geschluckt wird
- Nahrungsaufnahme dauert sehr lange
- Es muss häufig nachgetrunken werden, damit Nahrung besser rutscht
- Lange nach der Nahrungsaufnahme finden sich noch Speisereste im Mund (am Gaumen, am Zahnfleisch, in den Wangentaschen - das Wo ist aufschlussreich zur Behandlung)
- Beim Trinken kommt es zum Verschlucken
- Flüssigkeiten oder Speisen kommen aus der Nase
- Steckenbleiben der Nahrung im Hals oder in der Brustgegend
- Nasse, gurgelnde Stimme (Vorsicht: höchstes Alarmzeichen für eine bereits erfolgte Aspiration)
- Unvermögen, willkürlich zu husten
- Ständiges Räuspern: Zeichen einer sog. "silent aspiration".
Die Ursache der Schluckstörungen bei Parkinson ist vor allem eine Minderbewegung von Mund, Schlund und Atemmuskulatur, sowie eine Bewegungsstörung der Sprech-und Schluckmuskulatur. Erkennbar sind mangelnde Beweglichkeit der Lippen, mangelhafte Kaubewegungen und der abgeschwächte Hustenreflex oder zu wenig kräftiger Husten. Auch kann es zu Pump-Stoß-Bewegungen der Zunge kommen: die Nahrung wird immer wieder nach vorn gestoßen und zu mangelnder peristaltischer Bewegung der Rachenhinterwandmuskulatur, d. h. die Nahrung wird nicht kräftig genug nach unten gesogen.
Da bei Sprechstörungen die Gefahr besteht, dass Betroffene nicht mehr an der Kommunikation mit anderen teilnehmen und in zunehmende Einsamkeit und Isolation geraten, ist es besonders wichtig, alle noch vorhandenen Möglichkeiten zum Gespräch auszunutzen. Versuchen Sie, optimale Bedingungen zu schaffen, um überhaupt verstehen zu können, d. h. nicht auf dem Flur oder in lärmiger Umgebung sprechen. Regen Sie Blickkontakt an: "Schauen sie mich doch mal an, dann kann ich Sie besser verstehen.", desgleichen zum Aufrichten auffordern.
Oft können Betroffene, wenn sie von ihrem Gegenüber dazu aufgefordert werden, zumindest für einen kurzen Zeitraum lauter und deutlicher sprechen. Es ist daher keineswegs "schulmeisterlich", sondern sehr sinnvoll, immer wieder darauf hinzuweisen, wenn die Sprache zu leise, zu schnell oder zu undeutlich wird. Gleichzeitig ist auch viel Geduld, Zeit und konzentriertes Zuhören erforderlich, gerade, wenn die Versuchung besteht, dem Betroffenen "das Wort aus dem Mund" zu nehmen. Nichts kann einer weiteren Sprachverschlechterung besser vorbeugen als das Üben des Sprechens in alltäglichen Situationen.
Ist ein Gespräch bei sehr schwer ausgeprägten Sprechstörungen nicht mehr möglich, sollten Alternativfragen gestellt werden, die mit ja oder nein beantworten werden können (z. B. "Möchten Sie sich hinlegen oder hinsetzen?"). Bei Mundtrockenheit häufiger etwas zum Trinken oder Lutschen anbieten (z. B. Glandosane-Spray, Lemon-Stick).
Wenn die Sprache überhastet ist und/oder die Übergänge zwischen den Worten fehlen, kann gelegentlich ein Taktgeber (z. B. Takt mit den Fingern klopfen, pacing board) nützlich sein, um einen klaren Sprechrhythmus wiederzufinden. Auch können elektronische Hilfsmittel zur Kommunikation hinzugezogen werden.
Einige Tipps zum Umgang mit Schluckstörungen:
- Die Nahrung bitte niemals im Liegen verabreichen.
- Kopf beim Schlucken nicht in Überstreckung bringen, Kinn zur Brust senken lassen.
- Beim Verschlucken nie auf den Rücken klopfen.
- Wenn vorhanden, Logopäden/ Logopädin informieren
- Auf gute Mundhygiene achten, insbesondere auf Säuberung der Wangentaschen, da der/die Patient:in dies allein nicht mehr schafft.
- Kleine Mengen pro Gabel verabreichen
- Keine Mischkonsistenzen (z. B. weicher Kartoffelbrei mit einem Stück Fleisch)
- Große Ablenkung beim Essen vermeiden, Mahlzeiten und das Essen bewusst wahrnehmen
- Nicht sprechen, wenn sich noch Essen im Mund befindet
- Nach dem Essen ca. 20 min in aufrechter Position verbleiben
Gang- und Gleichgewichtsstörungen sind die wichtigsten Ursachen für das Auftreten von Behinderung durch die Parkinson-Erkrankung. Zu Beginn der Erkrankung handelt es sich meistens nur um eine gewisse Verlangsamung des Gehens, die oft nicht als Krankheitszeichen erkannt, sondern als altersbedingt eingestuft wird.
Mit zunehmender Krankheitsdauer wird der Gang immer kleinschrittiger und es kann zu motorischen Blockaden kommen. Blockaden äußern sich zum Beispiel dadurch, dass es Schwierigkeiten bereitet, aus dem Stand heraus den ersten Schritt zu unternehmen (Startverzögerung).
Ein ähnliches Phänomen stellt das sogenannte Freezing (Einfrieren) dar, bei dem Betroffene aus dem Gehen heraus plötzlich "steckenbleiben" und nicht weitergehen können. Auffälligerweise ist das Freezing oft an bestimmte Auslöser gebunden und tritt bei einigen Betroffenen z. B. nur beim Durchschreiten von Türbögen und beim Passieren von Engpässen auf. Auch Angst oder Stress können Auslöser für Startverzögerung und Freezing sein. Da dieses Symptom so stark an bestimmte Situationen gebunden ist, wird es von uninformierten Beobachtern oft irrtümlich für psychisch bedingt oder simuliert gehalten. Viele Betroffene verfügen über sogenannte Trickmanöver, mit denen sie die Blockaden zumindest kurzfristig überwinden können. Hierzu zählen besonders selbst gegebene akustische Kommandos oder die Konzentration auf bestimmte optische Details der Gehstrecke (z. B. Streifen im Teppichmuster, Bodenschwellen etc.).
Nicht nur behindernd, sondern außerdem auch noch gefährdet sind Stürze, die in fortgeschrittenen Krankheitsstadien auftreten können. Es ist allgemein bekannt, dass Menschen im höheren Lebensalter aufgrund von Osteoporose und verminderter Muskelkraft bei Stürzen vermehrt verletzungsgefährdet sind. Bei der Parkinson-Erkrankung wird dieses Problem noch dadurch verstärkt, dass wichtige Schutzreflexe fehlen können, wie z. B. das Ausstrecken der Arme beim Sturz oder das Abrollen mit dem Rumpf.
Im Extremfall kann es passieren, dass der Betroffene "wie ein Brett" zu Boden fällt, sobald er aus dem Gleichgewicht gerät. Oft sind Betroffene nach Stürzen sehr ängstlich und schränken ihre Mobilität noch weiter ein, als es bereits vor dem Sturz der Fall war, womit sich der Teufelskreis aus sich vermindernder Mobilität und zunehmender Hilfsbedürftigkeit schließt.
Die Vorbeugung des Oberkörpers ist ein typisches Merkmal der Haltungsstörung bei der Parkinson-Erkrankung. Gelegentlich kann diese Störung sehr starke Ausmaße annehmen und die Sturzgefahr dadurch erhöhen, dass der Körperschwerpunkt weit nach vorne verlagert wird. Auffällig ist, dass die Vorbeugung des Oberkörpers oft nur im Stehen und Gehen auftritt und durch willentliche Anstrengung vorübergehend korrigiert werden kann.
Es ist wichtig, den Betroffenen durch Kontrolle und Rückmeldung von außen zu helfen, die Verminderung der eigenen Körperkontrolle auszugleichen. Regelmäßiges Erinnern und Ermuntern, den Oberkörper aufrecht zu halten, lange Schritte zu machen und die Arme beim Gehen mitzuschwingen, können sehr wirkungsvoll sein. Beim Auftreten von Blockaden (Startverzögerung oder Freezing) können gemeinsam Strategien zur Überwindung der Blockaden entwickelt werden. Besonders bewährt hat sich ein Manöver, bei dem der Begleiter einen Fuß vor die Füße des Betroffenen stellt und ihn dazu auffordert, über diesen Fuß hinwegzusteigen.
Andere Tricks sind das Geben eines akustischen Kommandos ("Auf die Plätze, fertig, los!") oder das Anbringen von Signalstreifen an kritischen Stellen (Türdurchgänge, Engpässe). Manche Betroffene profitieren auch von dem sogenannten Anti-Freezing-Stock, bei dem durch einen kleinen Hebel am Griff eine horizontale Leiste ausgeklappt werden kann, durch deren Übersteigen die Blockade überwunden wird.
Weitere Hilfsmittel zur Verbesserung des Gehens und zum Überwinden von Blockaden sind rhythmische Musik, rhythmisches Klatschen und unterstütztes Gehen. Bei Sturzgefahr sollte darauf geachtet werden, die Verletzungsmöglichkeiten in der häuslichen Umgebung so gering wie möglich zu halten (Kanten polstern, Engpässe vermeiden, Türschwellen beseitigen, etc.)
Gemeinsam mit den Physiotherapeut:innen sollte auch eine Hilfsmittelversorgung, z. B. mit einem Rollator, besprochen werden. Manche Patient:innen mit einer Haltungsstörung profitieren vom Tragen eines kleinen Rucksackes, durch den der Körperschwerpunkt nach hinten verlagert und das Aufrichten des Oberkörpers erleichtert wird.
Betroffene im fortgeschrittenen Krankheitsstadium sind manchmal nicht in der Lage, sich nachts selbständig zu drehen, in schwersten Fällen kann auch tagsüber vollständige oder weitgehende Immobilität bestehen. In diesen Fällen sollten die Betroffenen häufig umgelagert werden, wobei die Lagerung im Allgemeinen so flach wie möglich erfolgen sollte. Die korrekte Lagerung sollte in einem entsprechenden Fachkursus sorgfältig erlernt und geübt werden. Falsche Lagerung oder zu seltenes Umlagern begünstigen das Auftreten von Dekubitus, Kreislaufschwäche und Kontrakturen.